Keyboarderforum by Musiker Lanze

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Johannus Ecclesia D-570

Mr.Tyros

Extremer Schreiberling
Wenn man schon mal die Chance hat, die schön teuren Digitalorgeln zu spielen, dann nimmt man sich gerne die teuerste vor, die man finden kann :zwinker:

Die Johannus Ecclesia D-570 stellt die absolute Oberklasse der Sample-basierten Digitalorgeln der Fa. Johannus dar. Die LiVE zählt meiner Meinung nach nicht dazu, denn sie greift nicht auf ein feste Sample-Set zu, sondern auf verschiedene.

Die Ecclesia-Serie ist eigentlich weniger für den Hausgebrauch geschaffen, sondern viel mehr eine waschechte Kirchenorgel für den richtigen Einsatz.
Wie bei Johannus üblich können die Instrumente noch angepasst werden, z.B. Furnier, Tastatur, Disposition (Register), Pistons (Fußschalter) und und und.

Beachtet bitte, dass das Instrument keine Wersi für unterwegs ist! Es kommt mit rund 250KG auf mehreren Paletten an und wird vom Fachmann montiert. Also nix für das Penthouse :zwinker:

Wie schon beim Review der LiVE III habe ich hier keine Bilder angefertigt, man möge es mir verzeihen:huch:

Die D-570, welche ich für knapp eine Stunde spielen durfte, war eine Sonder-Anfertigung auf Wunsch des Hauses und hatte daher statt der bekannten Plaste-Tastatur eine mit Echtholz-Beschichtung (Kunststoff-Kern, Echtholz außen, dadurch etwas kostengünstiger), sowie eine US-amerik. Disposition d.h. Register-Bezeichnungen und Manuale sind nach amerikanischer Bezeichnung versehen.
Die D-570 hat 4 Manuale
- Choir (Positiv)
- Great (Hauptwerk
- Swell (Schwellwerk)
- Solo (Solo-Werk)
sowie ein Pedal, welches wahlweise gerade einfach geschweift oder konkav doppelt geschweift bestellt werden kann.

5 Pedale, werksseitig als Schweller aller Manuale konfiguriert, stehen zur Verfügung, wobei sich auch ein Pedal als Crescendo-Pedal umpolen lässt.
Crescendo bedeutet: Je weiter ich das Pedal durchtrete, umso mehr Register sind aktiv. Welche das sind, kann man im Johannus-Menü an/abwählen.

Jedes Manual kann natürlich an das Pedal gekoppelt werden, bzw. an das Hauptwerk, welches auch noch mal separat an das Choir gekoppelt werden kann.
Warum letzteres? Das Choir-Manual ist das "unterste", kann, wenn man es wirklich lange mit nur diesen 2 Manualen spielt, irgendwann im Rücken schmerzen, daher kann man dieses entsprechend koppeln.
Desweiteren kann das Choir so noch etwas mit dem Hauptwerk angedickt werden.
Nettes Feature: Über den Taster KW (Klaviatur-Wechsel) können Choir und Great "vertauscht" werden, sprich Great wandert anstelle des Choir und umgekehrt.

Jedes Manual hat seine eigenen Register, welche hier ebenfalls als Manubrie vorhanden sind, allerdings als Zieh-Taster arbeiten (lassen sich durch drücken und ziehen aktivieren). Aktive Register leuchten gelb auf, was einfach und verständlich ist.

Neben den "üblichen Verdächtigen" gibt es auch einige Kuriositäten an der Orgel, welche man nicht überall findet, wie z.B. den Zimbelstern (rotiert und stößt dabei eine Art Windspiel an, welches in einem glitzernden Klang resultiert) oder eine Aeoline (sehr "luftiges" Register)

Bevor wir genauer auf die Disposition eingehen, ein kleiner Exkurs zum Thema Register:

Orgelregister werden immer in 2 Stellen angegeben: Die Fußlage und die Bezeichnung.
Geläufig sind 32', 16', 8',4',2',1', selten auch 64'
Ein 8' Register ist eine Oktave höher gestimmt, als ein 16', 2 höher als 32' usw.

Neben den "graden" Fußlagen gibt es auch noch so genannte Aliquoten, dazu später mehr.

Orgelpfeifen gibt es, einfach heruntergebrochen in 2 Formen: Labialpfeifen und Lingualpfeifen.

Labialpfeife: Blöd gesagt nichts weiter, als eine Blockflöte. Luft kommt unten an, trifft auf das Labium, die Luft gerät ins schwingen, die Luftsäule in der Pfeife erzeugt den Ton.

Lingualpfeifen: Der Klangkörper der Pfeife ("da wo der Ton entsteht") ist meist geschlossen. Durch die massivere Bauweise sind diese Pfeifen meist die starken, lauten Register wie Posaune, Oboe oder Trompete.

Prinzipal/Bordun/Praestant: Ausgewogene, wohlklingende Register, meist als 8' und 4', sowie 16' im Pedal. Das Prinzipal ist der Grundbaustein der Orgel und bei jedem Spiel gezogen. Der allseits bekannte "ruhige Klang" vor einem Lied.

Aliquote: Orgelregister, welches nicht nur auf eine Fußlage, sondern meist zusätzlich auf eine Quinte oder Terz gestimmt wurde, z.B. Nasard, Terz. Als Solo-Register ungeeignet, da das Register sehr "krumm" klingt. Eher gedacht, um den Prinzipal "anzudicken"

Trompete/Spanische Trompete: Sehr lautes und kräftiges Register, nicht selten das lauteste Register (Pedal ausgenommen). Eignet sich für alle Art Kirchenmusik, bei der es zünftig zugehen darf. In vielen Bundesländern hat die Kirchengemeinde bestimmte "Sperrzeiten" (z.B. Advent), in denen solche Register gar nicht gespielt werden dürfen

Posaune/Bombarde: Quasi der Pedal-Vertreter der Trompete. Durch die extrem große Bauweise oftmals ein Hochdruck-Register. Während die Posaune noch verhältnismäßig sanft klingt, ist der Einsatz der Bombarde nicht immer gestattet. Je nach Substanz der Kirche kann der andauernde Einsatz der Bombarde, gerade in tiefen Lagen durch die Vibration Auswirkungen auf das Bauwerk haben

Mixtur: meist als 4x-Register ausgeführt, sprich eine Taste löst 4 Töne aus.
Quasi die sanftere Form der Trompete und bei manchen Anlässen Gottesdienst-tauglich


Desweiteren unterscheidet man in "Offen" und "Gedackt/Gedeckt"
Offene Pfeifen sind, wie der Name schon sagt, offen.
Gedackte Pfeifen sind am oberen Ende mit einem Stopfen verschlossen. Dadurch muss die Luft, die von unten einströmt, nachdem sie am "Deckel" anstößt, den ganzen Weg nach unten strömen, weshalb die Luft quasi doppelt so große Wege zurücklegt. Der Sinn: Dadurch können Pfeifen viel kürzer gebaut werden.
Sehr oft sind "große" Register (32' und selten auch 16') als Gedackt ausgeführt, da nicht die volle Höhe (bei 32' etwas mehr als 10m) gebaut werden muss, weil es z.B. schlichtweg keinen Platz dafür gibt. Desweiteren gilt auch hier:
Je weniger Material, umso weniger kostet es :zwinker:

"Angetrieben" werden die Pfeifen nach wie vor mit Luftdruck, welcher von einem Ventilator erzeugt wird und dann über zig Kanäle durch das Instrument geleitet wird. Die einzelnen Ventile unterhalb der Pfeifen, welche über die Tastatur geöffnet oder geschlossen werden (damit ein Ton entstehen kann), werden entweder elektrisch (Spieltisch sendet einen MIDI-Befehl an das entsprechende Register, welches dann mit einem elektrischen Mechanismus geöffnet wird), oder mechanisch über unzählige Holz-Verbindungen, den Abstrakten, bedient. Letztere Bauform ist am zuverlässigsten, allerdings auch extrem empfindlich in der Wartung und vor allem im Spiel. Wer also ausschließlich Klavier spielt, hat mit dem selben Anschlag nach wenigen Minuten die gesamte Mechanik geschrottet :huch:

Wie es im inneren aussieht, zeigt euch dieses Bild "meiner" Orgel mit 26 Registern (BJ 2000 der Fa. Eule in Bautzen) :

img_5650s.jpg


Zurück zur D-570:

Die Klänge entstehen hierbei aus einem fixen Sample-Set, sprich es gibt keine Aufnahmen von real existierenden Orgeln. Trotzdem sind die in der LiVE III bekannten untereinander wirkenden Artefakte ebenso vorhanden.

Die amerikanische Disposition ist etwas "harscher" und "fester", als eine deutsche.
Auf dem Choir liegen recht ruhige Register wie Prinzipale, Flöten und Aliquoten (als Nazard und Sesquialtera), aber auch etwas unbekanntere Vertreter wie das sogenannte "Erzaehler"-Register, eine Art Prinzipal, welches allerdings etwas lyrischer intoniert wurde.

Über Great stehen dem Spieler sowohl ruhige Prinzipale, Streicher (wie Gamba und Gemshorn) und Flöten zur Verfügung, allerdings auch kräftige Trompeten, eine Tromba sowie Kontra-Tromba, ein Vox Humana (recht dünnes Register, eher zum anspitzen des Sounds) und der oben erwähnte Zimbelstern.

Mittels Swell werden ebenso kräftige Register, wie Trompeten und Contratrompeten gespielt, allerdings auch ruhigere Aliquoten und Flöten.

Solo stellt Register zur Verfügung, die sich eher für die Melodie oder das Solo-Spiel eignen.

Die genaue Disposition findet ihr hier unter dem Tab "Stop List"

Als kleiner Bonus kann auf dem Great noch zusätzlich ein eher untypischer klang wie Klavier, Cembalo oder Hammond-Orgel hinzugeschaltet werden. Diese Klänge sind aber mehr schlecht als Recht, bzw. mal als ganz nette Dreingabe gedacht.

Denn die eigentliche Stärke des Instruments sind nach wie vor die Pfeifen. Und die klingen bombastisch. Selbst leise Prinzipal-Chöre, welche gerne digital klingen, überzeugen mit sehr feinen Nuancen und sanften Klängen.
Bei den Trompeten scheppert es entsprechend in der Beschallungsanlage, eben so, wie es sich gehört.
Generell kann man sagen, dass der Klang in jeder Lage und in jeder Zusammensetzung voll und ganz, so, dass man den Unterschied zwischen "echt" und "elektrisch" wirklich nicht mehr erkennt!

Dank des extrem tiefen "Johannus-Menü", kann die D-570 weitreichend angepasst werden. Vom einstellbaren Crescendo über zig verschiedene Hall-Typen und Positionen (wo soll der Klang entstehen? Lieber direkt am Pult oder doch am Ende des Schiffs?)

Highlight ist jedoch die Software, mit der jedes einzelne verdammte Register mit jeder gottverdammten Pfeife noch mal intoniert werden kann. Sprich JEDE einzelne der rund 3000 digitalen Pfeifen kann im EQ, in der Frequenz und Lautstärke angepasst werden.
Dadurch sind neben den "klassischen" vorinstallierten Stimmungen wie Werckmeister, Valotti oder Kirnberger auch eigene Stimmungen möglich.
Ich persönlich bevorzuge Valotti, weil hier sehr viele Tonarten funktionieren (Grob gesagt 4# und 4b). Bei manchen Stimmungen klingen manche Tonarten einfach nicht, weil sie zu "schräg" klingen.
Die meisten Kirchenlieder sind in D bzw. in F geschrieben.
Jedoch gibt es auch mal Spieler, die in C oder G spielen. Während die Gemeinde bei C grade noch so klarkommt, drehen sie bei G am Rad, schlichtweg zu hoch...

Dass man die Intonationen (Barock, Symphonisch, Historisch) quasi on the fly ändern kann, sich seine eigenen Registrierungen abspeichern kann und diverse Spielhilfen aktiveren kann, runden die Funktionen dieses tollen Instrumentes ab :lächel:

Fazit:
Blendet mal den Preis aus, der ist böse und gehört da nicht hin :zwinker: Spaß
Dieses Instrument gebührt seinem Platz in der Kirche und steht dem mechanischen Kollegen in keinster Weise nach! Neben unzähligen Extras und einem sehr tief editierbarem Klang und einer Verarbeitungsqualität, die seinesgleichen sucht, findet die Ecclesia D-570 in jedem Gotteshaus einen Platz.
Wer ein wenig für sakrale Musik übrig hat, und die Gelegenheit bekommt, sollte sich ein wenig mit diesem tollen Instrument befassen.
Preislich ist es natürlich nur für reiche oder für welche, die finanzieren wollen, erreichbar.
Aber alle, die ein solides Instrument suchen, welches auch nach vielen Jahren unzählige Aufgaben mit Bravur meistern kann, werden hier fündig!
Und alle, die die mechanische Orgel ersetzen wollen, haben hier einen würdigen Ersatz gefunden.

+ Extrem hohe Verarbeitungsqualität
+ Unzählige Extras zum dazukaufen
+ Registerzüge beleuchtet (bessere Übersicht)
+ 5 Schweller (wahlweise als Crescendo programmierbar)
+ Crescendo einstellbar
+ Wechsel zwischen Hauptwerk und Positiv (Klaviatur-Wechsel-Button) möglich
+ Sehr authentischer Sound mit starkem Charakter
+ Über Software und Menü sehr tiefgehend einstellbar
+ Tremulant für die Manuale getrennt einstellbar
+ Extra-Sounds wie Klavier oder Hammond-Orgel zuschaltbar...

- ... allerdings in sehr schwacher Qualität
- sehr hoher Preis
- hoher Platzbedarf
 
Zuletzt bearbeitet:
Gern geschehen :lächel:
Hauptwerk hatte ich mal als Demo, allerdings fehlt mir hier die direkte Verbindung zum Instrument. Register und so mit Maus an/abwählen ist nicht soo meins :zwinker:
 
Ich wähle nichts per Maus an.
Alles geht mit midifizierter Hardware.
Anders könnte ich auch nicht spielen. :lächel:

Grundlage ist ein nach meinem Vorgaben und Wünschen gebauter Spieltisch.
Da wird nichts mehr am Computer oder Touchscreen gewählt.

Hauptwerk bringt mir viele tolle Instrumente ins Haus und ist fast unendlich erweiterbar.
 
Ah, die MIDI-Konsolen sind mir bekannt:lächel: Mein derzeitiger Rechner ist für solche Programme zu schwach (aber Battlefield 4 auf Maximum geht:ähmja:)
und aufm Mac hab ich bislang noch nicht das Bedürfnis, es zu installieren :haha:
Bei YouTube findet man auch eine Menge Konsolen der Marke Eigenbau, ganz interessant, wie kreativ die Leute da sind :lächel:
 
Ein sehr schönes Teil, das ein Freund auch mal besaß. :zwinker: :lächel:

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Orgel und musste in die Kirche ausweichen.
Bis ich dann irgendwann eine (Heimorgel) Elka bekam. :lächel:

Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich diese von meiner Patentante bekam und werde morgen meine Mutter interviewen. :zwinker:

Trotzdem sind es schöne Erinnerungen und das Glück einmal Messdiener gewesen zu sein. Sonst hätte ich niemals die Chance gehabt, das Orgelspiel zuerlernen.
 
Ich hab das Orgelspiel an sich ja bei meiner Cousine gelernt, aber nie zu Ende gebracht.
Unsere Kirchengemeinde ist etwas eigen, was "unerfahrene" Spieler angeht, daher hatte ich bislang keine Chance, dort wieder einzusteigen.

Ich musste im Rahmen meiner Konfirmation 10x als Kirchendiener arbeiten, also Liedtafeln stecken, Gesangsbücher verteilen usw.
Einmal war es während einer Hochzeit, wo ich meine letzte "Pflichtarbeit" verrichtet hatte, aber dem Brautpaar fiel 5 Minuten vor dem Einzug ein, dass statt "High" von der Lighthouse Family doch lieber "I will always love you" zum Auszug gespielt werden sollte.
Nun hatte unser Organist an dem Tag frei, und der Ersatz-Spieler war sich nicht ganz eins, ob er das Lied auch bringen kann.
Da ich das Lied erst kurz vorher gespielt hatte, hab ich angeboten, auf mein Risiko das Lied zu spielen (entweder so, oder wir hätten den Wunsch ausschlagen müssen)
Also innerhalb einer Minute schnell noch das Notenblatt aus dem Netz gezogen, Akkorde auf die Rückseite eines alten Heftes geschmiert und dann mit dem Ersatz-Organisten Platz getauscht.
Seit dem darf ich regelmäßig ran :zwinker:
 
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